Bernau 2015.
Ausschnitte
Ein letztes mal Schweden.
Im alter sollte man
nicht Auto fahren. Alles
größer als es ist. Bei
der Bundeswehr gibt es
Geld, keine Sicherheit.
Sag nichts am Telefon,
sie hören alles mit. Die
Jugend ist brutal, ich
weiß, wann ich zur Seite gehen muss. Messer.
Bewölkt, grauer Himmel, Nebel, Regen.
Eine Stadt feiert. Hin und her. Laut und leise zu
gleich. Gruppen, Freunde, die auf einander warten.
Blickachsen: rechts eine Kirche.
Gerade aus - kleine Straße. Links ein Baum.
Mann/Frau. Älteres Paar. Gelb. Grün.
Graue Brille, Hut, Stock, Mantel,
fester Blick. Ernste Miene.
„Ich könnte auch ein Buch schreiben über mein
Leben, mit Allem: Vergewaltigung, Misshandlung,
Armut. Aber das will ja keiner lesen. Meine Kinder
sagen: Mama das, was ihr durchgemacht habt, das
was du erlebt hast, das wollen wir nicht kennen
lernen.“
Freitag am Bahnhof Bernau. Sitze am roten Punkt.
Zwei Meter Durchmesser. Heißer Tag, Wolkenbruch.
Später werden blaue Regenblüten meinen Tisch verzieren.
Breiter Platz. Klare Konturen. Flimmernder
Platz. Dynamik wie ein Eisen. Schwalben.
Mann. 71. Grau. Weiß. Blau. Orange. Dunkle Augen. Tiefe Augen.
„Sie sind nicht von hier. Wollen sie meine Freundin
sein? Ich bin einsam. Verstehen Sie das? Niemand
lebt in der Gegenwart. Wir schätzen das Hier und
Jetzt nicht. Wir hängen in der Vergangenheit rum.“
Trauriger, verständnisvoller Blick. Fester Händedruck.
Stadtpark Bernau. Hergerichtete Geometrie.
Flächenteilung: Stein, Asphalt im langen Weg
gespannt. Rasen, Buschwerk gestützt, akkurat
formuliert. Bäume vereinzelt gestreut, nicht wild
geordnet, bilden die Vertikalen.
Alles hat seine Ordnung.
Natur im Gewand der Städter.
Im Rahmen des Projektes Kontext Labor Bernau 2015 war die Zuhörerin, ohne Ankündigung zu
wechselnden Zeiten an verschiedenen Straßen und Plätzen Bernaus anzutreffen. Die Erzählungen und
Geschichten der Begegnungen im öffentlichen Raum wurden für die Ausstellung im
Heeresbekleidungsamt verdichtet und in Text- und Tonessays übersetzt. Mit der Arbeit wurde ein
Zeitausschnitt der Gegenwart, eine Momentaufnahme der Menschen in ihrer Stadt festgehalten.
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